Vorbeugende Selbstjustiz

Verbrechensvorhersage hat Konjunktur. Die Idee ist einleuchtend: Man nehme so viele Daten, wie nur zur Verfügung stehen, werte aus, wo welche Straftat bei welchem Wetter verübt wird und formuliere eine Prognose nach den Regeln der statistischen Kunst.

Offenbar funktionieren diese Systeme – so berichten zumindest Polizeibehörden in der Schweiz. Baden-Württemberg und Nordrhein-Westphalen wollen an diesen Erfolgen anknüpfen und starten Testläufe auch in Deutschland.

Sofern keine personenbezogenen Daten in die Vorhersagen einfließen, scheint das auf den ersten Blick aus Sicht des Datenschutzes kein Problem zu sein.

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Solch ein „witziges“ Schild ist unweit des liberalen Freiburg auf einem Anwesen zu entdecken, das sich zur „syrerfreien Zone“ erklärte und dessen Besitzer unverblümt formuliert: „Wenn ein Einbrecher kommt, muss er halt mit dem Tod rechnen. Da wird zugeschlagen und in den Wald geworfen.“

Wie praktisch, wenn ihm ein App das Ankommen des Verbrechers rechtzeitig ankündigt.

Statt eines Leitartikels…

Anpassung an unsere Grundwerte erforderlich

Eine Invasion des Ressentiments überschwappt Deutschland, die demokratische Grundwerte zu Boden tritt. Ohne Zweifel ist es unsere Aufgabe, die Sorgen von Menschen ernst zu nehmen, die ihre kleine heile Welt bedroht sehen. Aber es ist ungemein schwer, diese von den Menschen zu unterscheiden, die von Rassismus getrieben sind oder denen es nur um Hetze und Gewalt geht.

Wenn man die aktuellen Äußerungen vermeintlich besorgter Bürger wahrnimmt, dann ist nicht zu übersehen, dass viele etwas in die Jahre und meist zu etwas Ansehen und Wohlstand gekommene Männer als Sprecher des Volkes auf die Straßen gehen, weil sie hier ein willfähriges Publikum für ihre Frustration vorfinden oder das zumindest glauben.

Sicher brauchen wir angesichts des Bildungsnotstandes gerade heute engagierte, gut ausgebildete Pädagogen, die auch in Zukunft mithelfen unser demokratisches und solidarisches Miteinander zu gestalten. Die selbsternannten „Verteidiger des Abendlandes“ haben in der Vergangenheit allerdings nicht gerade bewiesen, dass sie im Umgang mit Andersdenkenden die Werte respektieren, die zu schützen sie vorgeben.

Viele ihrer Sprecher bekennen nicht, wes Geistes Kind sie sind, und sie kommen nicht mit den ehrlichsten Absichten. Vergleicht man diese mit unseren ethisch-moralischen Vorstellungen, dann werden verfassungsmäßige Grundsätze unserer Gesellschaft wie die Würde des Menschen oder die freie Entfaltung der Persönlichkeit nicht gerade angemessen berücksichtigt.

Es ist leider nicht selten, dass diese oft eingebildeten Männer ein gestörtes Verhältnis zu ihrer eigenen Sexualität haben. Vor dem Hintergrund ihrer Vorstellungen von der Rolle der Frau in ihrer spießbürgerlichen Kultur bleibt die Frage, wie sie, ohne mit den freiheitlichen Werten unserer Gesellschaft in Konflikt zu geraten, ihre Verklemmungen für sich behalten und die bunte Vielfalt von Partnerschaften in Deutschland ertragen können.

Mit einer undifferenzierten Toleranzkultur können wir diese Probleme nicht lösen und es gibt viele Frauen und Männer, die als Eltern heranwachsender Kinder die nahezu ungehemmten Ressentiments mit sehr vielen Sorgen betrachten. Schon jetzt hört man aus vielen Orten in Gesprächen mit Bekannten, das es zu verbalen Entgleisungen im täglichen Leben, sogar in öffentlichen Einrichtungen und Schulen kommt.

Auch als verantwortungsbewusster Mitbürger stelle ich mir die Frage: Wie können unsere Kinder so aufklären, dass sie sich nicht auf ein oberflächliches geistiges Abenteuer mit vermeintlich einfachen Antworten von Brandstiftern einlassen, die vorgeben, Werte zu vermitteln?

Auf „Spiegel online“ bemerkt Sibylle Berg am 07.11.2015 treffend: „Ab und zu wird mir von älteren Herren berichtet, die nur bei der Nennung meines Namens angeblich rot anlaufen und sich danach in minutenlangen Hass- und Gewaltausbrüchen verlieren. Süß. Wenn die mich sehen könnten, im Pyjama am Computer, junge Katzen essend! Was sie da hassen, ist ihre Unfähigkeit, Entwicklungen gelassen zu beobachten.“

Ja, wir brauchen Grundwerte: Werte, die es wert sind, unser Zusammenleben zu begründen. Das kann durch kein Gesetz erzwungen werden. Unsere Grundwerte werden erst in gegenseitiger Wertschätzung und Solidarität lebendig.

Es kann nicht sein, dass frustrierte Spießbürger verlangen, dass in unseren Schulen ihre Ressentiments vermittelt und ausgelebt werden können. Hinzu kommt noch, dass in sozialen Brennpunktschulen mit bersorgtbürgerlichem Lehreranteil, Menschen, die auf unsere Solidarität angewiesen sind, beschimpft und sogar gedemütigt werden. Wir müssen unmissverständlich klarmachen, dass diejenigen, die hier unterrichten, unsere Grundwerte zu vertreten haben und nicht umgekehrt wir ihre Ressentiments

Beim Vermitteln westlicher Werte könnten Pädagogen wichtige Arbeit im Sinne einer wirklichen Integration von Menschen in unsere Gesellschaft leisten: Vielfalt, Toleranz, lebendige Wertschätzung zu lehren, ohne Differenzen und Probleme zu leugnen. Es gilt Brücken zu bauen und voneinander zu lernen.

Die Fehler aus der Vergangenheit – besonders in den Jahren nach der Wiedervereinigung – wo in einigen Gebieten Parallelgesellschaften mit ungebildeter Deutschtümelei entstanden, deren Anhänger kaum Bereitschaft zeigten, sich ernsthaft in demokratische Diskurse zu integrieren, dürfen sich keinesfalls wiederholen.

Hier tragen wir alle die Verantwortung. Schwarz-Braun-Malerei ist eine Gefahr!