Vorbeugende Selbstjustiz

Verbrechensvorhersage hat Konjunktur. Die Idee ist einleuchtend: Man nehme so viele Daten, wie nur zur Verfügung stehen, werte aus, wo welche Straftat bei welchem Wetter verübt wird und formuliere eine Prognose nach den Regeln der statistischen Kunst.

Offenbar funktionieren diese Systeme – so berichten zumindest Polizeibehörden in der Schweiz. Baden-Württemberg und Nordrhein-Westphalen wollen an diesen Erfolgen anknüpfen und starten Testläufe auch in Deutschland.

Sofern keine personenbezogenen Daten in die Vorhersagen einfließen, scheint das auf den ersten Blick aus Sicht des Datenschutzes kein Problem zu sein.

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Solch ein „witziges“ Schild ist unweit des liberalen Freiburg auf einem Anwesen zu entdecken, das sich zur „syrerfreien Zone“ erklärte und dessen Besitzer unverblümt formuliert: „Wenn ein Einbrecher kommt, muss er halt mit dem Tod rechnen. Da wird zugeschlagen und in den Wald geworfen.“

Wie praktisch, wenn ihm ein App das Ankommen des Verbrechers rechtzeitig ankündigt.

May has gone…

Bereits im Januar erinnerte ich mich im Beitrag Novemberdepression an einen langen Winter, der einem Herbst folgte, der sich mit dunklen Schatten über Landschaften und Gemüter legte. Mit meiner Erinnerung war ich zu früh: Weder Kälte noch Frust wollten so schnell von der Seele weichen. Es wurde Frühling. Ein paar warme Tage ließen kurz Hoffnung auf neue Lebendigkeit keimen. Doch auch die ertrank in den Fluten.

Wer trägt Verantwortung? Wer erträgt die Last, die sich auf uns legt?

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Sonne, Licht und Leben scheinen in der Ferne: Ein wenig frische Luft, andere Gerüche, Gedanken, Gefühle sammeln – und davon ganz viel davon in Herz und Seele packen, um all die Zuhause-Gebliebenen an der Frische teilhaben zu lassen.

Doch für den Frühling war es zu spät: May has gone…

Nun geht das Leben auf den Sommer zu. Was war, bleibt als Erinnerung an schwere Herbststürme und klirrende Kälte, aber auch an unvergessene Lebendigkeit, die sich durch nichts in den Schatten stellen lässt.

Umfairteilen – Attac Aktionstag 13. April in Freiburg

http://www.umfairteilen.de

Der Umfairteilen-Aktionstag am 13. April 2013 war ein voller Erfolg! Bundesweit gingen in rund 100 Städten — und damit an mehr als doppelt so vielen Orten wie beim ersten Aktionstag im September 2012 — Menschen für eine stärkere Besteuerung von Reichtum, gegen soziale Ungleichheit und Sozialabbau auf die Straße. Zum zweiten Mal hatten Attac, Gewerkschaften, Sozialverbände und andere zivilgesellschaftliche Organisationen im Rahmen der Kampagne „Umfairteilen — Reichtum besteuern!“ zu gemeinsamen Protestaktionen aufgerufen.

In der untergehenden Welt

Der schlägt sich an die Brust
Der schafft Gold fort an heimliche Orte
Fast alle suchen noch Lust
Auch ich – doch such ich auch noch Worte

In der untergehenden Welt
Wohin können Worte gehen?
Wenn sie in Flammen zerfällt,
Wer soll das Lied verstehen?

Aber wenn es doch nicht geschieht,
Dann werden einige lang
Lachen über mein Lied
vom Weltuntergang.

Erich Fried, Um Klarheit. Gedichte gegen das Vergessen

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… den Weltuntergang des vergangenen Jahres haben wir weitgegend gut überstanden. Doch der nächste kommt bestimmt.

Das Leben könnte so einfach sein, wenn es nicht so lebendig wäre…

Wie schön wäre es, wenn unser Leben leicht und unbeschwert wäre: Keine Sorgen, die wir ins Bett nehmen, keine Probleme, die uns einen guten Morgen wünschen…

Eigentlich ist’s doch ganz einfach. Einer regelmäßigen Arbeit nachgehen, ein Teil des Verdienten für schlechte Zeiten zurücklegen, Urlaub und Freizeit so planen, dass effiziente Erholung garantiert ist.

Ist das gelebtes Leben? Irgendwann schlägt die Krise zu: Krankheit, Einsamkeit, Streit, Trennung. Vielleicht auch nicht. Doch selbst dann steht am Ende das Ende.

Krisen sind Zeiten der Entscheidung. Das eigene Leben zu leben, fordert Entscheidungen. Oft sind sie mit leidvollen Erfahrungen verbunden. Die Alternative ist, keine Entscheidungen zu treffen, die Entscheidungen anderen zu überlassen, das Leben anderen zu überlassen.

Wer Entscheidungen trifft, hat mit Konsequenzen zu leben. Dann kommen die Besserwisser, die uns klar machen, wie falsch unsere Enscheidungen waren, und wie sie an unserer Stelle alles besser gemacht hätten: In der Regel Nichts.

Wer handelt macht Fehler. Wer handelt macht sich das Leben unnötig schwer. Wer handelt lebt.

Ein unbeschwertes und leichtes Leben macht nicht glücklich. Viel wichtiger ist, dass wir lernen, mit unerfreulichen und schwierigen Ereignissen umzugehen, unsere Entscheidungen zu treffen, unseren Weg zu gegen, unser Leben zu leben.

Von (realen) Menschen und Scheinwelten…

Wo spielt sich unser Leben ab?

Wir schleppen Vergangenheit mit uns und bauen auf die Zukunft.

Altlasten auf unseren Schultern setzen unseren Rücken zu, verursachen Schmerzen und einen gebückten Gang. Kaum habe ich mich von einer Last befreit, steht die nächste bereit.

Unser Alltag will, dass wir funktionieren, planen, vorsorgen – für das Leben, das einmal sein wird. Früher war es die Glückseligkeit des ewigen Lebens. Heute sind es die Rente, der nächste Urlaub, das Wochenende oder der Feierabend…

Was ist Gegenwart? Wie lange dauert sie?

„Werd ich zum Augenblicke sagen: / Verweile doch! Du bist so schön! / Dann magst du mich in Fesseln schlagen, / Dann will ich gern zugrunde gehn!“ Goethe, Faust I (1699-1702)

Gegenwart ist kein Stillstand, kein Verweilen im Hier und Jetzt. Gegenwart ist lebendig und braucht lebendige Gegenüber. Das klingt banal. Ist es auch. Dennoch fällt es mir schwer, die Gegenwart lebendig zu gestalten. Die Menschen, mit denen ich lebe, in ihrer widersprüchlichen Lebendigkeit anzunehmen – und das Gefühl zu haben, ebenso angenommen zu werden.

Kann etwas schöner sein, als Alltag, der zu lebendiger Gegenwart wird?
Work-Life-Balance heißt das Zauberwort. Doch auch hier steckt der Widerspruch von Arbeit und Leben schon im Begriff: Ein Widerspruch, der in der Gegenwart aufgehoben sein will.
Hier die Arbeit, da das Vergnügen? Was für ein Gegensatz!
Allgegenwärtige, von Lebendigkeit gefüllte Gegenwart ist eine Illusion. Gegenwart ist nicht immer lustig, locker und entspannt. Manchmal erfordert sie Mühe, manchmal tut sie weh.
Doch eine größere Illusion ist es, unserem realen Leben, den wirklichen Menschen um uns, eine Scheinwelt entgegenzusetzen. Ist sie utopischer Ausblick, könnte neues Leben in den Alltag kommen. Wird sie zur geträumten Alternative, in die wir uns zurückziehen und an der wir unsere Gegenwart messen, dann bleibt das Leben auf der Strecke.

Patschen und Werken…

Alles könnte so einfach sein. Die Zutaten finden sich in fast jeder Familie. Zumindest dann, wenn die Familie auch Familie genannt werden kann…

Die Rezeptur: Ein Mann, eine Frau, Kinder nach Wahl… Alles gut vermengen und in ausreichend Wohnraum reifen lassen.

Schon nach wenigen Monaten wächst ein buntes und fröhliches Miteinander, in dem sich alle lieb haben. Das Glück sprengt jeden Rahmen – was kann es schöneres geben?

Irgendwie muss in der Zubereitung etwas schief gegangen sein. Da ist dieser komische Beigeschmack von Eifersucht, der Angst zu kurz zu kommen. Meine Kinder, Deine Kinder…

Bunt ist die Welt, lustig auch. Aber das Patschen und Werken macht Arbeit. Richtig viel Arbeit.

Aufwärts

„Wie komm ich am besten den Berg hinan?“
Steig nur hinauf und denk nicht dran!

Kandel im November 2012

Aufräumen macht glücklich. Das rede ich mir zumindest gerne ein. Richtig ist, dass aufgeräumt zu haben und sich von neuem mit der Aufhebung der Ordnung zu beschäftigen mich zufriedener werden lässt. Vor allem dann, wenn die Unordnung sich über Schlafzimmer, Schreibtisch und Küche bis ins Innerste erstreckt und den produktiven Kräften den Ausblick raubt.

Auf einen Berg zu steigen, bringt Übersicht. Vielleicht auch die Einsicht, dass es bald wieder bergab geht?
Sei’s drum. Beim Aufräumen fiel mir das eingangs zitierte Wort Nietzsches aus der fröhlichen Wissenschaft ins Auge. Grund genug die nächsten Schritte zu tun. Mach’s einfach.

Schummeln bis das Ego wackelt…

„Im Grunde schummeln wir bis zu dem Punkt, der es uns erlaubt, das Selbstbild eines einigermaßen ehrlichen Menschen zu bewahren.“, meint der Sozialwissenschaftler Dan Ariely in „Die halbe Wahrheit ist die beste Lüge: Wie wir andere täuschen – und uns selbst am meisten“.

Eine erfrischende Rezension, die Lust darauf macht, das Buch zu lesen, habe ich heute morgen in Simone Jansons Berufebilderblog gelesen.

In der Beziehung zu anderen Menschen kommt neben dem Selbstbild, dem ich gerne positiv in die Augen blicke, noch ins Spiel, dass wenn zwei das selbe sehen, sie noch längst nicht das Gleiche erleben.

Eine Binsenweisheit? Mag sein. Viele Missverständisse, mangelndes Vertrauen und Ärger entsteht dennoch, wenn unser Blick auf das „Offensichtliche“ fällt.